GESTATTEN SIE,
            Herr Broder, 
          
dass ich mit
            diesem offenen Brief Gedanken zu Ihrem Auftritt in Freiburg
            am 18. Dezember 2013 zum Ausdruck bringe. 
Wie allgemein
            bekannt lautete das Thema der von der antideutschen
            Initiative Sozialistisches Forum in Zusammengang mit dem
            Jugendforum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Freiburg
            organisierten Veranstaltung: „Cafe Judenhass in der
            Spechtpassage – der antisemitische Wahn im antizionistischen
            Kostüm“. 
Der Moderator
            stellte gleich zu Beginn klar, dass mit der Bezeichnung
            „Cafe Judenhass“ der Verein Cafe Palestine Freiburg gemeint
            ist. 
Sie haben es
            während der gesamten Veranstaltung gekonnt vermieden, zum
            Thema „Cafe Judenhass“ Stellung zu nehmen. Auf den
            Veranstaltungstitel von einem Zuhörer angesprochen, fiel
            Ihnen als Antwort lediglich ein:  „Das müssen Sie die
            Veranstalter fragen. ….. Nein das ist nicht gegen meinen
            Willen passiert. Das machen die Veranstalter. Genauso wie
            die Texte, die ich in der WELT drucke - Überschriften und
            Zwischentitel sind Sache der Redaktion.“
Eine ziemlich
            schwache Ausrede, Herr Broder, meinen Sie nicht? 
Stattdessen hörten
            wir Ihre allseits bekannten Schmähungen von Jakob Augstein,
            Günter Grass, Alfred Grosser, Sigmar Gabriel, Ahmadinejad
            und vor allem – ganz aktuell – von Jürgen Todenhöfer, der in
            Gaza war - ein gefundenes Fressen für Sie, Herr Broder, als
            Deutschlands führender „Antisemitismus-Antenne“. 
Begriffe wie
            „Drama des deutschen antisemitischen Antizionismus“,  „Existenzberechtigung
            Israels – Guatemalas – Belgiens“,
            „Schuldentlastungs-Antisemitismus“,  „antizionistischer Arsch“
            und natürlich „Gutmenschen“ – Lieblingsbezeichnung für eine
            von Ihnen notorisch verhöhnte Menschengruppe - fielen.
Nicht zu vergessen
            Aussprüche wie „Entschuldigen Sie bitte, wenn Sie eine
            konkrete Aussage in den ersten fünf Minuten erwarten, dann
            müssen Sie zu Sahra Wagenknecht gehen, die kommt gleich auf
            den Kapitalismus zu sprechen, das ist ´ne Superbraut.
            Kapitalismus ist die Ursache für alles, auch für meine
            Heiserkeit.“ 
Das Publikum
            bestand zum großen Teil aus (hysterischen) Jüngerinnen und
            Jüngern Israels  und
            zu einem nicht unerheblichen Teil aus Israel-Kritikern. Eine
            Ihrer Anhängerinnen, Herr Broder, riss bei meinem
            Hinausgehen die Jacke auf, streckte mir ihren Oberkörper
            entgegen und rief mir laut zu:„dejudifizieren Sie mich,
            dejudifizieren Sie mich“ – ein ziemlich mittelalterlich
            anmutendes Szenario, finden Sie nicht auch? 
Immerhin liefen
            Sie, Herr Broder, dann während der Diskussion doch noch zu
            einer gewissen Hochform auf – Sie beleidigten, diffamierten
            und stellten die Fragenden bloß – selbstverständlich erhielt
            niemand eine Antwort auf seine Frage. Ihre Ablenkungsmanöver
            funktionierten hervorragend. Von einer Teilnehmerin
            behaupteten Sie sogar, Sie hätten sie zum Weinen gebracht -
             eine glatte Lüge,
            Herr Broder. Die junge Frau weinte mitnichten - ich saß zwei
            Plätze neben ihr.
Eine Ihrer
            Aussagen, Herr Broder, beschäftigt mich jedoch auch heute
            noch. 
Sie meinten:
„Ich weiß, dass es
            für Sie ´ne große Überraschung ist, aber der Anteil der
            Idioten unter den Juden ist genauso hoch wie unter den
            Nicht-Juden. Und dass ein Jude etwas sagt, macht es weder
            richtig noch falsch, allenfalls diskutabel.“
Hier genau liegt
            in meinen Augen der Kern des Problems, Herr Broder. 
Wer entscheidet,
            wer ein Idiot ist, egal ob Jude oder Nicht-Jude – Sie, Herr
            Broder?
Gibt es eine
            oberste Instanz in Deutschland oder anderswo – vielleicht
            das Simon-Wiesenthal-Zentrum mit der Liste
              der schlimmsten Antisemiten – an die man sich wenden
            kann? Mit diesem Zentrum kooperieren Sie bekanntlich sehr
            eng, Herr Broder. Das wissen wir spätestens seit Jakob
              Augstein auf dieser berühmt-berüchtigten Liste
            gelandet ist.  
Sollen wir Sie,
            Herr Broder, oder Israels Sprachrohr in Deutschland - den
            Zentralrat der Juden - als die oberste Instanz der
            Antisemitismus-Detektive ansehen? 
Oder sollte man
            die S.H.I.T.-List
            (Self Hating and/or Israel- Threatening List) der rechten
            pro-israelischen Webseite "Masada 2000", auf der mehr als
            8000 "selbsthassende Juden" aufgelistet sind, zu Rate
            ziehen?  
          
Am einfachsten
            wäre es wohl, wenn jeder, der bei Cafe Palestine Freiburg
            einen Vortrag hält, als Idiot/Antisemit (idiotischer
            Antisemit/antisemitischer Idiot) bezeichnet wird? Sicher ist dies der Grund, warum
            die Deutsch-Israelische Gesellschaft Freiburg keine Sprecher
            zu unserer Konferenz im September 2011 schicken wollte und
            sich stattdessen seitdem mit den Freiburger „Anti-Deutschen“
            gegen Cafe Palestine verbrüdert (verbrodert). 
Anti-Deutsch und
            deutsch-israelisch  –
            ein echtes Oxymoron, finden Sie nicht auch, Herr Broder?
Kann ein Jude, der
            andere Juden diffamiert, ein Antisemit sein?  Dann wären Sie selbst
            auch Einer, Herr Broder? 
Oder können nur
            diejenigen Juden Antisemiten sein, die den „Jüdischen Staat“
            kritisieren, was Sie selbst allerdings auch gelegentlich
            tun? Sind Sie also in Ihren seltenen israelkritischen
            Augenblicken ein Teilzeit-Antisemit, Herr Broder, die
            Anderen aber Vollzeit-Antisemiten? 
Sind nur
            diejenigen Juden Antisemiten, die von Ihnen und anderen
            Antisemitismus-Detektiven als „idiotische Juden“
            identifiziert werden? Was würde dann in dem Fall passieren,
            wenn ein von Ihnen, Herr Broder, als „idiotischer Jude“
            angesehener Jude Sie, Herr Broder, als „idiotischen Juden“
            bezeichnen würde? Wer wäre in diesem Fall der Antisemit?
Ganz schön
            verwirrend das Alles, finden Sie nicht auch Herr Broder?
Noch etwas
            beschäftigt mich wirklich sehr. 
Sie, Herr Broder,
            und andere Antisemitismus-Orakel scheinen besser zurecht zu
            kommen, wenn wir Deutsche zu der rassistischen,
            expansionistischen und nationalistischen Politik Israels,
            die von deutschen Steuergeldern mitfinanziert wird,
            schweigen? Ist das nur so, weil es sich um den "Jüdischen
            Staat" handelt? 
          
So viele
            Widersprüchlichkeiten, die dringend der Klärung bedürften. 
Wie wäre es, Herr
            Broder, wenn Sie noch in diesem Jahr gemeinsam mit Gilad
            Atzmon nach Freiburg zu Cafe Palestine kämen und eine
            öffentliche Diskussion führten – zwei Agents provocateurs,
            die sich selbst als Gesellschaftskritiker sehen, auf
            Augenhöhe. 
Cafe Palestine
            Freiburg würde sich selbstverständlich auch um einen Hörsaal
            an der Universität bemühen! 
Über eine Zusage
            Ihrerseits und von Seiten Gilad Atzmons (der diesen Brief
            ebenfalls erhält) würde ich mich sehr freuen!
 
Freundliche Grüße
            sendet
Gabi Weber